WWOOF und Volunteering in Österreich


WWOOF & Volunteering in Österreich – umfassender Überblick

1. Grundprinzip von WWOOF Österreich

WWOOF steht für World Wide Opportunities on Organic Farms. In Österreich gibt es ein eigenes Netzwerk: WWOOF Österreich. WWOOF Österreich oder generell WWOOF bzw. Volunteering basiert komplett auf Freiwilligkeit. Es gibt keinen Vertrag, keinen Lohn und keinen Anspruch auf professionelle Betreuung.

Es ist ein informelles Austauschsystem zwischen einem Hof (Host) und einem Volontär, das auf Vertrauen funktioniert:

  • Der Hof (Host) bietet: Unterkunft + Essen + Einblick in den Alltag

  • Du (Volontär) bietest: Arbeitskraft + Motivation

Die Art der Arbeit, der Lebensstil und das Niveau an Professionalität variieren stark zwischen den Höfen. Manche Betreiber führen einen großen zertifizierten Bio-Betrieb, andere sind Mini-Höfe, Selbstversorger, Kommunen oder Öko-Projekte, die nur wenige Menschen am Hof haben. Es kommt auf deine Erwartungshaltung an, was du für dich selbst aussuchst.

Viele stellen sich WWOOF als „idyllischen Bauernhofurlaub“ vor. Das ist naiv. Deine Tage bestehen aus Arbeit, Routinen, körperlicher Belastung und oft einem oft einfachen sozialen Umfeld. Du bist Teil des Hofalltags – wer eher Urlaub sucht, ist falsch bei WWOOF.


WWOOF Österreich | Bergbauernhof

2. Was du als WWOOFer konkret machst – klar und ohne Romantisierung

Landwirtschaftliche Tätigkeiten

Die Arbeiten hängen stark vom Saisonzyklus ab, aber auch von der Größe des Hofes, Anbauweise, Tierhaltung und etliche andere Faktoren.

Frühling:

  • Boden vorbereiten

  • Mist ausbringen

  • Gewächshäuser putzen und vorbereiten

  • Säen, pikieren, Frühbeete aufbauen

  • Bau- und Reparaturarbeiten (Zäune, Hochbeete)

Sommer:

  • Ernten, täglich

  • Gießen (teilweise stundenlang bei Hitze)

  • Unkrautentfernung (stetig und monoton)

  • Gemüse waschen und verpacken

  • Milcharbeit: Melken, Stallpflege

  • Tierpflege: Schafe, Hühner, Kühe, Pferde (je nach Hof)

Herbst:

  • Konservieren: Einwecken, Einlegen, Trocknen

  • Obsternte (Äpfel, Zwetschken, Birnen)

  • Kartoffeln und Kürbisse einlagern

  • Letzte Bauarbeiten vor dem Winter

Winter:

  • Wenige Hosts

  • Tiere füttern

  • Stallarbeit

  • Schneeräumen

  • Holzarbeiten im Wald

Winter-WWOOFen ist härter und unbequemer. Viele unterschätzen, wie kalt und abgelegen manche Höfe liegen.


3. Wie die Unterkünfte wirklich aussehen

Die Spannweite bei den Unterkünften ist groß und hängt auch meistens von den Möglichkeiten des jeweiligen Hofs ab:

  • Zweibettzimmer im Bauernhaus – Standard bei familiengeführten Betrieben
  • Kleine Gästezimmer oder eigenes Zimmer – bei größeren Bio-Höfen

  • Bauwagen, Tiny House, Holzhütte – beliebt, aber oft minimal ausgestattet

  • Gemeinschaftsschlafräume – bei Kommunen oder Öko-Dörfern

  • Jurte, Zelt oder Camping – wird teilweise verlangt, v. a. im Sommer

  • Bad & Dusche teilen – Normal

  • Internet – kann vorhanden sein, kann auch komplett fehlen

Manche Höfe sind sehr gastfreundlich, andere erwarten, dass du dich in den Alltag einfügst und wenig Sonderwünsche hast.
Erwarte keinen Komfort, und schon gar keine Privatsphäre auf Hotelniveau.


4. Ernährung – was realistisch auf dich zukommt

  • Viel Gemüse (klar, du bist auf einem Biohof)

  • Saisonales Essen: im Frühling eher eintönig, im Sommer besser

  • Manche Höfe kochen gemeinsam, andere erwarten Selbstorganisation

  • Vegetarisch/ vegan → möglich, aber unbedingt vorher abklären

  • Fleischessende Höfe → kann dazu führen, dass du ab und zu beim Schlachten mithilfst oder zumindest zuschaust. Wenn du das nicht willst, sag es vorher.

Viele Höfe kochen solide Hausmannskost. Anspruchsvolle Ernährung (Low-Carb, glutenfrei, spezielle Diäten) ist ein Problem. Wenn du komplizierte Essgewohnheiten hast, solltest du das unbedingt im Vorfeld kommunizieren, wirst aber eher Probleme bekommen.


5. Was WWOOF von dir erwartet – deutlich formuliert

Erwartungen der meisten Hosts:

  • Pünktlichkeit

  • Zuverlässigkeit

  • Grundfitness

  • Bereitschaft, auch monotone Aufgaben zu machen

  • Respekt gegenüber Hofregeln

  • Kein „Ich mache nur, worauf ich Lust habe“

Fehlannahmen vieler Volunteers:

  • „Ich will lernen, nicht nur arbeiten.“ –
    Lernen passiert, aber der Alltag besteht zu 70–80 % aus Routinearbeit, nicht aus Workshops.

  • „Ich brauche viel freie Zeit.“ –
    Die hast du, aber nicht zu deinen Bedingungen.

  • „Ich bin hier, um zu helfen, nicht um mich ausnutzen zu lassen.“ –
    Ja, aber: Landwirtschaft ist harte Arbeit. Das ist keine Ausnutzung, sondern Realität.

Wenn du körperliche Arbeit nicht verträgst oder schnell überfordert bist, wirst du voraussichtlich kein gutes Erlebnis haben.


6. Workaway, HelpX & Alternativen – ausführlich und differenziert

A) Workaway

Breiteres Angebot, weniger landwirtschaftlich fokussiert.

Typische Tätigkeiten:

  • Hostel-Rezeption

  • Reinigung

  • Gartenarbeit

  • Englisch mit Kindern üben

  • Renovierungen

  • Tierpflege (Hunde, Pferde etc.)

  • Mithilfe in Berghütten

  • Mithilfe bei Yoga- oder Retreat-Zentren

Vorteil:

  • Mehr soziale Kontakte

  • Weniger körperlich belastend als Landwirtschaft

  • Flexiblere Arbeitsmodelle

  • Mehr urbane Hosts (z. B. Wien, Graz)

Nachteil:

  • Qualitätsunterschiede zwischen Hosts

  • Einige Hosts erwarten deutlich mehr Arbeit, als sie offiziell angeben


B) HelpX

Ähnlich wie Workaway, aber ländlicher und oft bodenständiger. Viele Höfe, kleine Pensionen, Handwerksbetriebe.


C) Organisierte Freiwilligenarbeit im Naturschutz

Sehr sinnvoll, aber limitiert.

Organisationen:

  • Alpenverein

  • Naturschutzbund

  • Österreichische Naturschutzjugend (ÖNJ)

  • Landschaftspflegevereine

  • WWF-Projektwochen (selten, aber hochwertig)

Typische Arbeiten:

  • Alm- und Wiesenpflege

  • Wege sanieren

  • Büsche schneiden

  • Trockensteinmauern reparieren

  • Bergwiesen entbuschen

Besonderheiten:

  • Gruppenarbeit

  • Leitung durch Fachleute

  • Klare Tagesstruktur

  • Wochenprojekte

  • Meist körperlich anspruchsvoll


D) Freiwilligenarbeit im Sozialbereich

Kurzfristig fast unmöglich, weil:

  • rechtliche Anforderungen

  • Haftungsfragen

  • Schutz vulnerabler Gruppen

  • Notwendigkeit einer längerfristigen Verlässlichkeit

Beispiele, wo es eher funktioniert:

  • Second-Hand-Läden

  • Foodsharing-/Lebensmittelrettungsinitiativen

  • Lokale Vereine (Jugendzentren, Kulturvereine)

  • Veranstaltungen & Festivals


7. Rechtliche Realität & Versicherungen

WWOOF oder generell Volunteering ist generell kein Arbeitsverhältnis. Aber gerade bei gewerblich arbeitenden Höfen oder Betrieben können die Grenzen fließend sein und aus einem Volunterering wird ein solzialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis.

Beim echten Volunteering musst du selbst für deine Sicherheit sorgen.

Notwendige Versicherungen

  • Haftpflichtversicherung (sehr wichtig)

  • Unfallversicherung

  • Reisekrankenversicherung (falls du aus dem Ausland kommst)

Wenn du es vernachlässigst, kann es teuer werden.


8. Wie du einen guten Hof findest – ausführliche Checkliste

Gehe jede Frage durch, sonst tappst du im Dunkeln:

1. Arbeitsumfang

  • Exakte täglichen Arbeitszeiten? Üblich sind 20-30 Wochenstunden, meistens Montag bis Freitag, je 4-5 Stunden.

  • Feste Arbeitszeiten oder flexibel?

  • Sind Wochenenden frei? In der Regel sind die Wochenenden frei, d.h. du hast genügend Zeit für eigene Aktivitäten. 

2. Unterkunft

  • Eigenes Zimmer oder teilen?

  • Heizung vorhanden? (auf Höhenlagen wichtig)

  • Internetzugang?

3. Essen

  • Wer kocht? Auf unserem Bergbauernhof kocht der Chef selbst – ein erfahrener Hobbykoch und Gastronom.

  • Vegetarisch möglich?

  • Lebensmittelallergien? Solltest du Allergien haben, kommuniziere das im Vorfeld!

4. Erwartungen

  • Gibt es Tätigkeiten, die du NICHT machen willst?

  • Schwere Tierarbeit?

  • Motorsäge? Bagger? Maschinen?

5. Entfernung & Mobilität

Viele Höfe liegen abgeschieden:

  • Gibt es ÖPNV?

  • Kann dich jemand vom Bahnhof abholen?

  • Gibt es Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe?

6. Soziales Umfeld

  • Sind dort andere Volunteers?

  • Wie viele Menschen leben am Hof?

  • Familienbetrieb oder Einzelpersonen?

Schlechte Kommunikation im Vorfeld ist die Hauptursache für miserable WWOOF-Erfahrungen. Viele Dinge lassen sich per eMail oder in einem Telefonat klären, wobei du bei Kommunikation per eMail immer auf getroffene Zusagen zurückgreifen kannst. 


9. Kosten, die du trotzdem hast

WWOOFen ist nicht „kostenlos“. Realistisch musst du einplanen:

  • Anreise

  • Mitgliedsbeitrag

  • Eigene Arbeitskleidung

  • Versicherung

  • Eventuell öffentliche Verkehrsmittel vor Ort

  • Freizeitausgaben

  • Rückreise

Das ist überschaubar, aber nicht null.


10. Für wen WWOOF Österreich sinnvoll ist – und für wen nicht

WWOOF Österreich oder insbesondere, wenn du auf einem Hof oder Bergbauernhof Erfahrungen sammeln möchtest, dann bist du geeignet, wenn du:

  • gerne körperlich arbeitest

  • unkompliziert bist

  • einfache Lebensverhältnisse akzeptierst

  • autark bist

  • aufgeschlossen bist

  • ländliche Ruhe magst

Nicht geeignet, wenn du:

  • Komfort brauchst

  • hitze- oder kälteempfindlich bist

  • keine Routinearbeiten magst

  • schnell überreizt bist bei sozialer Nähe

  • hotelähnliche Standards erwartest

  • Konflikten aus dem Weg gehst

Fazit:

WWOOFen in Österreich kann ein wunderbares und erfüllendes Erlebnis sein, wenn deine Zielvorstellungen mit der angebotenen Realität zusammenpassen. Wenn sich aber schon im Vorfeld Zweifel breit machen und du doch nur einen romantischen Urlaub auf dem Bauernhof suchst, solltest du nochmals nachdenken. WWOOF, WorkAway oder generell Volunteering bieten ausgezeichnete Möglichkeiten, kostengünstig auch längere Zeit unterwegs zu sein, Land und Leute und andere Lebenskonzepte kennen zu lernen.